Modul 2

MODUL II: Sprechakte

Vorbemerkung
Die folgende didaktische Analyse widmet sich Theorien sprachlichen Handelns, die mithilfe von Internet-Memes, genauer gesagt sogenannten Image Macros, einem beliebten Kommunikationsformat aus der Lebenswelt von Schülerinnen und Schülern, analysiert werden. Im Fokus der Ausführungen stehen die Sprechakttheorie nach John L. Austin und John R. Searle. Ziel der Lehrerfortbildung ist es, Internet-Memes als Kommunikationsformat für die Analyse von Sprechakten fachdidaktisch aufzubereiten.
Die Lehrerfortbildung ist folgendermaßen gegliedert: In Abschnitt 1 erfolgt eine Lernzielanalyse inkl. Anbindung der Lernziele an die Bildungsstandards zur Allgemeinen Hochschulreife (AH) sowie zum Ersten Schulabschluss (ESA) und Mittleren Schulabschluss (MSA). Anschließend wird in Abschnitt 2 eine detaillierte Sachanalyse dargelegt, in der die Sprechakttheorie nach Austin und Searle einerseits theoretisch und andererseits praxisorientiert auf Basis von Internet-Memes aufbereitet werden. Ab schließend erfolgen in Abschnitt 3 Beispiele für den Einsatz von Internet-Memes zur Didaktisierung von Sprechakten im Unterricht.
1 Lernzielanalyse und Anbindung an die Bildungsstandards
In den Lehrplänen und Bildungsstandards zum Unterrichtsfach Deutsch werden im Besonderen die Text- und Medienkompetenz von SuS hervorgehoben. Neben literarischen Texten beinhaltet dies laut den „Bildungsstandards im Fach Deutsch für die Allgemeine Hochschulreife“ der KMK vor allem „pragmatische Texte unterschiedlicher medialer Form unter reflektierter Nutzung von fachlichem Wissen“ (BS Allg. HSR 2012: 18)1. Als grundlegende Anforderungen sind u. a. die Ermittlung der „in pragmatischen Texten enthaltenen sprachlichen Handlungen“ sowie die Analyse „der Elemente der Textgestaltung einschließlich nichtsprachlicher Bestandteile in ihrer Funktion“ festgelegt (vgl. BS Allg. HSR 2012: 19). Auch in den „Bildungsstandards für das Fach Deutsch Erster Schulabschluss (ESA) und Mittlerer Schulabschluss (MSA)“ der KMK stellt die Analyse „Pragmatische[r] Texte in unterschiedlicher Medialität“ (BS ESA & MSA 2003/2004: 35) einen didaktischen Kernbereich dar. Die hier beschriebenen Anforderungen umfassen u. a. die zielorientierte Auswertung „nicht-lineare[r] und multimodale[r] Texte (Text-Bild-Bezüge) […], z. B. um über ein Thema zu sprechen oder zu schreiben“ (BSA ESA & MSA 2003/2004: 35).2
Dass Internet-Memes ein geeignetes didaktisches Mittel sind, um diesen Anforderungen gerecht zu werden, wurde in der jüngeren linguistischen und didaktischen Forschung unterstrichen (vgl. z. B. Raith 2020). Besonders fokussiert wird dabei ein pragmatischer Kernbereich: die Sprechakttheorie nach John L. Austin und John R. Searle, deren Untersuchungsgegenstand Form und Funktion sprachlicher Handlungen ist (vgl. Bülow 2017). Von traditionell schriftlichen Textsorten unterscheiden sich Internet-Memes insofern, als hier verwendete Sprechakte in der Regel multimodal, d. h. durch eine Kombination aus sprachlichen und bildlichen Elementen ausgedrückt werden (vgl. Modul 1: Einführung).3
Dadurch haben Internet-Memes gegenüber anderen schriftbasierten Textsorten den Vorteil, dass sie die in den BS ESA & MSA (2003/2004: 35) geforderte Ermittlung multimodaler Text-Bild- bzw. Sprache-Bild-Bezüge sowie die in den BS Allg. HSR (2012: 19) festgelegte Analyse sprachlicher und nichtsprachlicher Bestandteile in voller Breite abdecken können. Im Hinblick auf verschiedene Sprechakttypen, die im Rahmen der Sachanalyse (Abschnitt 2) näher erläutert werden, wurde in der Forschung insbesondere der expressive Charakter4 von Internet-Memes hervorgehoben: „Almost every meme is created with the purpose of expressing something“ (Grundlingh 2018: 150). Dies ist nicht verwunderlich, da Internet-Memes im Regelfall von Usern und Userinnen gepostet werden, um eine Einstellung zu einem Sachverhalt auszudrücken. Allerdings sind auch andere Sprechakttypen wie Assertiva, Direktiva, Deklarativa und Kommissiva in Internet-Memes vorzufinden (vgl. Osterroth 2020). Der den Internet-Memes immanente Humor kann sich zudem sowohl durch direkte als auch indirekte Sprechakte konstituieren (vgl. Abschnitt 2).
Die vorliegende didaktische Analyse thematisiert die Auseinandersetzung mit sprachlichen Handlungen und fokussiert dafür das linguistische Konzept der Sprechakttheorie nach John L. Austin und John R. Searle.
Die didaktische Analyse beinhaltet folgendes Kompetenzziel:
Die Schülerinnen und Schüler erklären direkte und indirekte Sprechakte und identifizieren verschiedene Sprechakttypen, indem sie Internet-Memes analysieren.
2 Sachanalyse
Die Idee, dass Sprechen nicht nur als bloßes Mitteilen von Informationen zu verstehen ist, sondern auch ein regelgeleitetes und soziales Handeln darstellt, ist mit den Namen von drei Sprachwissenschaftlern bzw. Sprachphilosophen verbunden, die als Väter der pragmatischen Sprechakttheorie gelten: John L. Austin, auf den die Sprechakttheorie zurückgeht, John R. Searle, der Austins Theorie grundlegend weiterentwickelt hat sowie H. Paul Grice, den Begründer der Implikaturtheorie bzw. der Konversationsmaximen. In folgendem Abschnitt wird die Sprechakttheorie näher erläutert. Auf die Konversationsmaximen sowie die Implikaturtheorie gehen wir in Modul 3 ein.
Sprechakttheorie
In der Sprechakttheorie spielt der Begriff „Performativität“, der den Zusammenhang zwischen Sprechen und Handeln kennzeichnet, eine zentrale Rolle. Entsprechend bezeichnen „Performativa“ oder „performative Sprechakte“ den Vollzug von Sprechhandlungen. Es handelt sich dabei um direkte Sprechakte, da sich die Bedeutung der sprachlichen Handlungen aus dem Gesagten erschließen lässt.
Direkte Sprechakte
Searle unterscheidet zwischen verschiedenen Typen direkter Sprechakte. Die erste grundlegende Unterscheidung ist jene zwischen expliziten und impliziten Performativa.
Im Beispiel 1a) handelt es sich um einen explizit performativen Sprechakt, da der vollzogene Sprechakt des Warnens explizit benannt wird: zum einen durch das sog. performative Verb in der 1. Ps. Sg. Ind. Akt. warne, zum anderen durch das Deiktikum hiermit. Performative Verben wie bitten, fragen, entschuldigen, danken, auffordern, dro- hen, warnen, bestätigen, ernennen usw. zeigen den Vollzug einer Sprechhandlung an.5 Mit dem Deiktikum hiermit wird auf die Sprechhandlung selbst verwiesen.
In Beispiel 1b) wird der Sprechakt des Warnens nicht explizit benannt, was auch durch das Fehlen eines performativen Verbs und die Unmöglichkeit des Einsatzes des Deiktikums hiermit ersichtlich wird. In solchen Fällen spricht man von impliziten Performativa (vgl. Meibauer et al. 2015: 235–237; Finkbeiner 2015: 13).

Abbildung 1: Typischer Aufbau von Sprechakten (vgl. Meibauer et al. 2015: 237f.)

Abb. 1 zeigt den Aufbau eines Sprechakts bzw. seine Teilaspekte. Damit ein Sprechakt vollzogen werden kann, muss er (mündlich, schriftlich oder gebärdet) geäußert werden (Äußerungsakt). Der propositionale Akt bezeichnet die Bezugnahme auf Sachver- halte, Gegenstände oder Personen (Referenz), denen Eigenschaften zugeschrieben werden (Prädikation). Im Satz Peter lernt Physik. wird auf die Person Peter Bezug genommen (Referenz), der das Physiklernen zugeschrieben wird (Prädikation). Der illokutionäre Akt bezieht sich auf den Vollzug einer Sprechhandlung als Feststellung, Wunsch, Bitte, Frage, Drohung, Versicherung usw. Der Unterschied zur Proposition zeigt sich vor allem darin, dass verschiedene Sprechakte denselben propositionalen Gehalt haben können (vgl. Finkbeiner 2015: 14f.). In den Beispielen 2a) bis 2d) handelt es sich bei der Referenzperson um Peter und bei der Prädikation ums Physiklernen.
Allerdings unterscheiden sich die Sätze hinsichtlich ihres illokutionären Gehalts, d.h. der Qualität der Sprechhandlung: 2a) ist eine Behauptung, 2b) eine Frage, 2c) eine Aufforderung und 2d) ein Wunsch.
Unter perlokutionären Akten werden schließlich die Konsequenzen einer Sprechhandlung verstanden. Ein Beispiel hierfür ist die Überzeugung (perlokutionärer Akt) von Sprecher B in Folge einer gelungenen Behauptung (illokutionärer Akt) von Sprecher A (vgl. Meibauer et al. 2015: 238).
Indirekte Sprechakte
Bislang galt das Interesse ausschließlich direkten (explizit oder implizit performativen) Sprechakten. Es gibt allerdings – und dies nicht weniger häufig – auch indirekte Sprechakte. Sowohl bei direkten als auch bei indirekten Sprechakten handelt es sich um sprachliche Handlungen. Allerdings sind die illokutionären Bedingungen verschieden, d.h. die Sprechhandlungen werden auf unterschiedliche Weise und in unter- schiedlichen Schritten vollzogen.
Das Ziel der Sprechhandlungen in den Beispielen 3a) und 3b) ist dasselbe: Der Hörer oder die Hörerin wird aufgefordert, auf den Pausenhof zu gehen. Allerdings wird dieses Ziel nur in Beispiel 3a) direkt formuliert. Bei indirekten Sprechakten wie im Bei- spiel 3b) geht Searle von zwei verschiedenen illokutionären Bedingungen aus: der eigentlichen Sprechhandlung (primäre Illokution) und der wörtlichen Bedeutung (sekundäre Illokution). Charakteristisch für indirekte Sprechakte ist der Kontrast zwischen der primären und der sekundären Illokution: Die primäre Illokution ist hier eine Aufforderung („Bitte geht auf den Pausenhof“), die sekundäre Illokution eine Feststellung (wörtlich: „Es ist Pause.“). Insofern der Kontext nicht eindeutig ist und die indirekte Bedeutung nicht stark konventionalisiert ist, kann es bei indirekten Sprechakten zu Missverständnissen kommen – schließlich bezeichnet die sekundäre Illokution in diesem Beispiel ja nicht die Aufforderung, auf den Pausenhof zu gehen (vgl. Finkbeiner 2015: 20).
Meme-Beispiel 1
Indirekte Sprechakte sind in Internet-Memes besonders häufig anzutreffen. Dies liegt wohl auch daran, dass sie aufgrund der Ambiguität zwischen primärer und sekundärer Illokution besonders geeignet sind, um die für Internet-Memes so wichtige humoristische Lesart zu transportieren (vgl. Modul 1: Einführung).

Abbildung 2: Love is in the air? Wrong! #sheldon on Pinterest, https://www.pinter- est.de/pin/326370304219812649/ [abgerufen am 30.10.2023]

Im Internet-Meme in Abb. 2 erkennt die Figur Sheldon Cooper aus der Sitcom „The Big Bang Theory“ die Metapher6 „Love is in the air“ nicht als solche. Er bezieht sich daher auf die wörtliche Bedeutung (= sekundäre Illokution) der Äußerung, entlarvt den propositionalen Gehalt (Referenz: Liebe, Prädikation: in der Luft) als falsch und listet die tatsächlichen Bestandteile von Luft auf. Da Metaphern wie „Love is in the air“ in der Regel einen sehr hohen Konventionalisierungsgrad aufweisen, kommt es im Normalfall zu keinen kommunikativen Missverständnissen. Dass Sheldon Cooper sich hier auf die wörtliche Ausdrucksbedeutung bezieht, dürfte demnach der Eigenart der fiktiven Figur geschuldet sein. Dadurch entfaltet sich im Sinne der satirischen Ambiguitätsbildung eine komische Szene.
Sprechakttypen
Mit den bisherigen Analyseinstrumentarien kann festgestellt werden, ob es sich um direkte (explizit oder implizit performative) Sprechakte oder indirekte Sprechakte handelt. Für die Sprechakttheorie ist allerdings auch die Qualität der einzelnen direkten oder indirekten Sprechakte (Aufforderung, Bitte, Drohung, Feststellung usw.) entscheidend. Laut Searle können Sprechakte nach ihren illokutionären Indikatoren (z. B. Satztyp, Modus, Vorhandensein performativer Verben unterschiedlicher Qualität) in folgende fünf Sprechakttypen unterteilt werden (s. Abb. 3): Assertiva, Expressiva, Direktiva, Kommissiva und Deklarativa.

Abbildung 3: Sprechakttypen nach Searle (vgl. Finkbeiner 2015: 18f., Meibauer et al. 2015: 240f.)

Charakteristische assertive Sprechakte sind Behauptungen und Feststellungen. Dabei legt sich der Sprecher bzw. die Sprecherin darauf fest, dass die im Sprechakt ausgedrückte Proposition wahr ist. Bei expressiven Sprechakten äußert der Sprecher bzw. die Sprecherin ein Gefühl, eine Befindlichkeit oder Einstellung zu einem Sachverhalt. Prototypische Beispiele hierfür sind Dankesäußerungen, Entschuldigungen und Gratulationen. Direktive Sprechakte zeichnen sich dadurch aus, dass der Sprecher oder die Sprecherin jemanden dazu anweist, eine Handlung zu vollziehen. Dies kann etwa durch eine Empfehlung, Aufforderung und einen Rat geschehen. Bei kommissiven Sprechakten ist hingegen der Sprecher selbst derjenige, der vorgibt, etwas zu tun – Beispiele hierfür sind Versprechungen oder Angebote. Im Zuge deklarativer Sprechakte ändert der Sprecher oder die Sprecherin bestimmte Sachverhalte innerhalb eines sozialen oder institutionellen Rahmens. Eine solche Statusänderung ist z. B. bei einer Taufe oder Ernennung der Fall (vgl. Finkbeiner 2015: 18f.; Meibauer et al. 2015: 240f.).
Die verschiedenen Sprechakttypen finden sich auch in Internet-Memes wieder. Charakteristisch für Internet-Memes ist, dass sie oft mehr als einen Sprechakt ausdrücken (vgl. Osterroth 2020); dies kann dem Vorliegen von indirekten Sprechakten geschuldet sein, durch die sich häufig Humor konstituiert. Wie einleitend erwähnt, sind Expressiva die am häufigsten anzutreffende Sprechaktklasse bei Internet-Memes (vgl. Grundlingh 2018: 150). Das ist nicht überraschend, werden Internet-Memes doch im Regel- fall von Usern und Userinnen gepostet, um eine (subjektive) Einstellung zu einem Sachverhalt auszudrücken.
Meme-Beispiele 2
Abb. 4 zeigt eine Reihe von Space Memes, die thematisch auf dasselbe Ereignis referieren (Pluto), aber verschiedene Sprechakttypen beinhalten.

Abbildung 4: Verschiedene Sprechakttypen in Internet-Memes zum Thema Pluto7

Die Internet-Memes 1.) und 2.) beinhalten expressive Sprechakte. Beim Internet-Meme 1.) manifestiert sich dieser durch die Verwendung des Konjunktivs als Wunsch: Hier drückt ein personifizierter Pluto ein Gefühl aus. Durch die mittels grafischer Elemente transportierte Mimik im Bild (glasige Augen) wird dieser Wunsch zusätzlich konsolidiert.
Auch das Internet-Meme 2.) offenbart einen expressiven Sprechakt, der sich hier aber hauptsächlich durch das bildliche Element konstituiert, das einen missbilligenden Seitenblick (in der Jugendsprache bekannt als „Side Eye“) zeigt. Das „Side Eye“ wird grafisch eingesetzt, um auf ein unangebrachtes Verhalten hinzuweisen, das kritisch beäugt wird. Beim unangemessenen Verhalten handelt es sich in dem Beispiel um die Tatsache, dass seitens der NASA sieben neue „Planeten“ gefunden wurden, während Pluto der Planetenstatus aberkannt wurde.
Das Internet-Meme 3.) beinhaltet mit der Aufforderung „Komm damit klar!“ vordergründig einen direktiven Sprechakt. Gleichwohl offenbart sich durch die grafische Darstellung ein expressiver Sprechakt: Bei der Sonnenbrille handelt es sich um die sog. „Thug Life Sunglasses“, die ein Gangster-Leben symbolisieren sollte. Hier wird durch den Einsatz der Sonnenbrille eine selbstsichere Einstellung Plutos mit Bezug auf seine Identifikation als Planet verdeutlicht.
Das Internet-Meme 4.) beinhaltet sowohl einen assertiven als auch indirekt kommissiven Sprechakt. Der obere Teil zeigt klar einen assertiven Sprechakt: Es handelt sich dabei um die Behauptung, dass Merkur, Venus und möglicherweise die Erde in 5 Mil- liarden Jahren nicht mehr existieren werden. Im unteren Teil des Internet-Memes offenbart sich ein kommissiver Sprechakt: Pluto versichert indirekt, auch in 5 Milliarden Jahren noch hier zu sein, wenn alle anderen Planeten, die auch den Status als solche haben, nicht mehr existieren. Das piktorale Element hat hier nur eine ornamentale Funktion: Es dient der bloßen Veranschaulichung von Pluto, dem mittels einer Sprechblase der indirekt kommissive Sprechakt in den Mund gelegt wird.
Im Internet-Meme 5.) wird ein deklarativer Sprechakt ersichtlich: Die personifizierte Erde deklariert, dass Pluto nicht den Rang eines Planeten innehat. Dies wird einerseits durch das sprachliche Element im unteren Teil des Internet-Memes deutlich, andererseits gibt auch die grafische Darstellung Aufschluss über die Deklaration: Pluto wurde im Dokument, welches von der personifizierten Erde in den Händen gehalten wird, durchgestrichen. Dadurch, dass die Köpfe der Personen durch Planeten ersetzt wurden, wird auch klar, dass es sich nicht um einen realen institutionellen Rahmen handelt, sondern um einen fiktiven.
Beim Internet-Meme 6.) handelt es sich um einen assertiven Sprechakt, indem eine Feststellung über das Aussehen Plutos getätigt wird. Das bildliche Element, auf dem die im assertiven Sprechakt beschriebene herzförmige Fläche klar zu erkennen ist, dient hier Veranschaulichungszwecken.
3 Beispiele für den Einsatz im Unterricht
Beispiel 1: Einstieg
Zu Beginn der Stunde wird das Internet-Meme präsentiert. Die Intention ist zunächst, dass die humorvolle Lesart seitens der Schülerinnen und Schüler als solche identifiziert wird.
Daran angelehnt sollte seitens der Lehrperson die Frage in den Raum gestellt werden, welche sprachlichen und/oder bildlichen Bestandteile des Internet-Memes dazu führen, dass diese humorvolle Lesart entsteht. Ziel ist es, dass die Schülerinnen und Schüler in eigenen Worten erklären, wie sich Humor bei diesem Internet-Meme entfaltet. Daran sollte die Erkenntnis anschließen, dass die Metapher „Love is in the air“ im oberen Teil des Internet-Memes, die seitens der Figur Sheldon Cooper aus der Sitcom „The Big Bang Theory“ nicht als solche erkannt wird, der Auslöser ist. Die humorvolle Lesart entsteht allerdings durch das sprachliche Element im unteren Teil des Internet- Memes, indem die tatsächlichen Bestandteile von Luft aufgezählt werden.
Ziel ist die Erkenntnis seitens der Schülerinnen und Schüler, dass die humorvolle Les- art dadurch zustande kommt, dass die Figur Sheldon Cooper hier kein Verständnis für Indirektheit aufbringt: Stattdessen interpretiert er das wörtlich Gesagte direkt und entlarvt es als falsch.
Beispiel 2: Erarbeitung
Die Lernvoraussetzung für diesen Unterrichtsabschnitt ist das Verständnis dafür, dass es unterschiedliche Typen sprachlichen Handelns gibt. Dabei müssen die Sprechakttypen nach Searle (Expressiva, Direktiva, Kommissiva, Assertiva und Deklarativa) noch nicht als solche benannt werden; Ziel ist es, dass die Schülerinnen und Schüler erkennen, in welchem Internet-Meme eine Aufforderung, eine Behauptung, ein Wunsch, eine Ernennung, ein Versprechen usw. zum Ausdruck gebracht wird.
Das Aufgabenblatt enthält fünf Beispiele von Internet-Memes, die verschiedene Sprechakttypen enthalten. Die Aufgabenstellung lautet: Finde heraus, welche sprachlichen Handlungen sich in den unten aufgeführten Internet-Memes vollziehen. Als Tipp wird zudem die Beachtung der in den Sätzen enthaltenen Verben und des Satztyps formuliert.
Das Internet-Meme 1) enthält im oberen Bestandteil zunächst die Behauptung „Ich bin gut in Deutsch“ (assertiver Sprechakt). Im unteren Teil des Internet-Memes offenbart sich eine Aufforderung (direktiver Sprechakt), die durch das Verb „sagen“ im Imperativ deutlich wird: „Sag mir, wie man jedes deutsche Wort schreibt!“.
Das Internet-Meme 2) enthält ein Versprechen (kommissiver Sprechakt) des Lehrers, das sich durch das Verb „versichern“ konstituiert: „Ich versichere euch, die nächste Klausur wird ganz einfach!“. Dass die Klausur offenbar nicht so einfach ist, wie der Lehrer versichert, lässt sich auf Basis des bildlichen Bestandteils des Internet-Memes ableiten, das den komplexen Vorgang einer Reparatur oder Instanziierung abbildet.
Das Internet-Meme 3) zeigt im oberen Bestandteil einen Wunsch („Wie ich mir das Leben als Astronaut vorstelle“), d.h. einen expressiven Sprechakt. Das bildliche Element daneben zeigt eine Rakete im Weltall. Dass es sich dabei um eine Wunschvorstellung des ‚coolen‘ Astronautenlebens handelt, wird deutlich, wenn man den unteren Teil des Internet-Memes beachtet: Hier wird der komplexe Vorgang einer Reparatur oder Instanziierung gezeigt. Daneben offenbart sich mit dem Satz „Wie es wirklich ist“ eine Feststellung, d.h. ein assertiver Sprechakt.
Das Internet-Meme 4) enthält einen assertiven Sprechakt: Es handelt sich um eine bloße Feststellung. Das Internet-Meme zeigt den Mars Rover und enthält die Äußerung „Reist 400 Kilometer – macht erstmal ein Selfie“.
Das Internet-Meme 5) zeigt eine Taufe bzw. Ernennung (deklarativer Sprechakt) der auf der Erde lebenden Menschen als Erdlinge seitens des Astronauten bzw. der Astronautin: „Hiermit taufe ich euch Erdlinge!“. Dass es sich hierbei um einen deklarativen Sprechakt handelt, wird anhand des Sprechaktverbs „taufen“ deutlich.
Diese Aufgabe dient als Hinführung zur Klassifizierung von Sprechakten nach Searle (vgl. Abschnitt 3, „Sprechakttypen“). Hier bietet sich eine anschließende Sicherung in Form eines Tafelbildes oder Informationstextes, in dem die Sprechakttypen näher er- läutert werden, an.

1 Der in Lehrplänen und Bildungsstandards verwendete Begriff „pragmatischer Text“ ist aus text- sowie medienlinguistischer Perspektive irreführend, insofern sämtlichen Textsorten und -genres eine prag- matische Komponente beigemessen werden kann. Entsprechend gebrauchen wir den Begriff „pragma- tischer Text“ nur in direkten Zitaten und verzichten anderweitig auf dessen Verwendung.

2 Wir legen im Folgenden einen weit gefassten Textbegriff aus der Mediensemiotik zugrunde, wonach „prinzipiell alle zeichenhaften Äußerungen und deren kommunikative Funktion und Leistung, egal welcher medialen Provenienz“ (Krah 2013: 31) als Texte zu verstehen sind.

3 In der Meme-Forschung sind daher auch die Begriffe Multimodaler Sprechakt und Meme-Sprechakt geläufig (für einen Überblick vgl. Osterroth 2020: 125 f.).

4 Ein expressiver Sprechakt charakterisiert das psychische Befinden bzw. die emotionale Einstellung des Textproduzenten bzw. der Textproduzentin zur mitgeteilten Botschaft, die in der Proposition zum Ausdruck gebracht wird (vgl. Brinker et al. 2014: 103).

5 Neben performativen Verben gelten auch deverbale Substative wie Befehl, Warnung, Bitte oder die Satzart (z. B. Fragesatz, Aufforderungssatz) sowie die Satzprosodie (z. B. fallende Intonation bei Aussagesätzen, steigende Intonation bei Fragesätzen) als Indikatoren für das Vorliegen eines Sprechakts.

6 Wir beziehen uns dabei auf einen weit gefassten Metaphernbegriff nach Lakoff/Johnson (2014: 13, Kursivsetzung i. O.): „Das Wesen der Metapher besteht darin, daß wir durch sie eine Sache oder einen Vorgang in Begriffen einer anderen Sache bzw. eines anderen Vorgangs verstehen und erfahren können.“

7 Space Memes wie die in Abb. 4 gezeigten Pluto-Memes eignen sich in besonderem Maße auch als Einstieg für bestimmte Themen im Physikunterricht.

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