Modul I

MODUL I: Einführung

Der Begriff Internet-Meme (kurz: Meme) umfasst eine heterogene Gruppe digitaler Texte (z. B. Image Macros, GIFs, Videos), die durch gemeinsame formale und inhaltliche Merkmale gekennzeichnet sind (vgl. Bülow/Johann 2022). Im Folgenden konzentrieren wir uns auf einen bestimmten Typ von Internet-Memes, sogenannte Image Macro-Memes (kurz: Image Macros).
Für Image Macros, die als prototypische für Internet-Memes gelten, lässt sich im Hinblick auf ihre Form ein charakteristischer Aufbau sprachlicher und piktoraler Elemente erkennen:

Abbildung 1: Charakteristischer Aufbau eines Internet-Memes nach Osterroth (2015: 31, vgl. auch Bülow 2023: 261) am Beispiel eines Space Memes1

Die sprachlichen Elemente verteilen sich meist auf den oberen und unteren Bereich des Image Macros, wobei im oberen Teil ein bestimmter Bezugsrahmen eingeführt wird, der im unteren Teil durch eine oftmals humorvolle Pointe wieder aufgegriffen wird (hier: Stundenanzahl/Tag auf dem Merkur vs. Stundenanzahl eines Montags auf der Erde) (vgl. Bülow 2023: 261). Die bildlichen Elemente dienen entweder der bloßen Veranschaulichung des Bezugsrahmens/der Pointe oder unterstützen den Bezugsrahmen/die Pointe zusätzlich, z.B. durch bildlich dargestellte Mimik, Gestik oder andere primäre Deiktika. Inhaltlich sind Memes durch einen gemeinsamen Bezugsrahmen bestimmter sozialer Gruppen gekennzeichnet (z. B. Bezugsrahmen: Physikunterricht; soziale Gruppe: SuS), die diese zum Ausdruck einer kollektiven Identität gezielt selbst erstellen und/oder rezipieren. Darüber hinaus wird mithilfe von Image Macros häufig ein Bezug zur Lebenswelt der Prosument:innen2 hergestellt – dies kann entweder durch sprachliche und/oder piktorale Elemente geschehen.

Abbildung 2: Herstellung eines lebensweltlichen Bezugs durch rein sprachliche Elemente (links) oder sprachliche und bildliche Elemente (rechts), eigene Hervorhebung durch Umrahmung3

Im linken Beispiel in Abb. 2 wird der lebensweltliche Bezug (Assoziation zum unbeliebten Montag) ausschließlich durch das sprachliche Element im unteren Bereich hergestellt. Im rechten Beispiel wird dieser durch eine Kombination aus sprachlichem Bottom-Element und Bild gestützt, wobei das Bild der Figur Sheldon Cooper aus der beliebten Sitcom „The Big Bang Theory“ stark zur Assoziation des Zitats mit dieser Figur im unteren Bereich beiträgt. 
Diese Produktions- und Rezeptionsmechanismen haben sich unlängst zu einer sozio-kognitiven Praxis entwickelt, die in den Sprach-, Sozial- und Kommunikationswissenschaften mit dem Begriff Meme Literacy beschrieben wird (vgl. Toffler 1980, Bülow 2023). Gemeint ist damit ein meme-spezifisches Textsorten- bzw. Genrewissen im Hinblick auf die Form und Funktion sprachlicher und/oder bildlicher Elemente in Verbindung mit der Positionierung zielgruppenangepasster Inhalte. 
Internet-Memes haben sich in den letzten Jahrzehnten zu einem populären Gesellschaftsphänomen entwickelt, das sich nicht nur auf Social-Media-Plattformen wie Instagram, X (vormals Twitter) oder TikTok großer Beliebtheit erfreut, sondern auch in Form von Online- und Offline-Spielen (z. B. „makeitmeme.com“) in Erscheinung tritt. Für die Produktion von Memes gibt es eigene Meme-Generatoren auf Plattformen wie „imgflip.com“ oder „makeameme.org“, die verschiedene Bild- und Text-Templates zur Verfügung stellen. Für die Erstellung von Space Memes im Besonderen hat der Lehrstuhl für Germanistische Linguistik (unter der Leitung von Prof. Dr. Lars Bülow) am Institut für Deutsche Philologie der LMU München eigens einen Meme-Generator erstellt, der kostenlos und ohne Anmeldung online zugänglich ist: https://www.memes.gwi.uni-muenchen.de/spacememes/generator/
In Folge der steigenden Popularität von Memes insbesondere unter jugendlichen Prosument*innen wurde jüngst auch das didaktische Potenzial von Memes für verschiedene Fachbereiche entdeckt und beschrieben. Im nachfolgenden Modul werden die didaktischen Methoden und Einsatzbereiche von Internet-Memes exemplarisch für den Deutschunterricht vorgestellt.

1 9gag on Facebook, https://www.facebook.com/9gag/photos/a.109041001839/10159269209676840/ [abgerufen am 27.10.2023]

2 Der Begriff „Prosument:in“ bezeichnet das gleichzeitige Auftreten als Produzent:in und Konsument:in (vgl. Toffler 1980).

3 links: 9gag on Facebook, https://www.facebook.com/9gag/photos/a.109041001839/10159269209676840/ [abgerufen am 27.10.2023], rechts: Love is in the air? Wrong! #sheldon on Pinterest, https://www.pinterest.de/pin/326370304219812649/ [abgerufen am 30.10.2023]